Die Pathogenese der Herpes Viren

 Friedrich Witzig

 

Die Herpesviren

Welche Rolle die Viren in der Evolution der Lebewesen spielen, ist nicht hinreichend erforscht. Die Perspektive der Medizin, also welche Krankheitssymptome ein Virus auszulösen imstande ist, ist sicher einseitig und nicht geeignet, die Funktion der Viren innerhalb der Lebewesen annähernd zu verstehen. Wir sind gerade eben dabei, in die Welt der Viren vorzudringen. Man bedenke, dass manche Virologen die Meinung vertreten, dass die Viren 90 % der Biomasse auf der Erde ausmachen. Annähernd 50 % des menschlichen Erbgutes bestehen aus Viren. Man geht davon aus, dass es keine lebende Zelle gibt, die keine Viren beherbergt. Es kann also nicht sein, dass wir die Funktion der Viren auf die Erregung von Krankheiten beschränken. Diese Ansicht steht im Widerspruch zur Allgegenwart der Viren auf der Erde, innerhalb und außerhalb der Lebewesen.

 

Die Herpesviren sind auf tierische Wirte beschränkt und wurden zuerst bei Wirbeltieren gefunden. Die Aufmerksamkeit auf Herpesinfektionen ist hauptsächlich dem Umstand zu verdanken, dass diese in Tierpopulationen mit dichtem Besatz (Massentierhaltung) entdeckt wurden. Da Epidemien mit Herpesviren auch in Austernfarmen beobachtet wurden, muss man davon ausgehen, dass Herpesviren nicht nur Wirbeltiere, sondern auch wirbellose Tiere besiedeln. Das würde dann aber bedeuten, dass Herpesviren mit den Tieren, die Arthropoden (Gliederfüßler) ausgenommen, gemeinsam eine Evolution durchlaufen haben. Die Frage, welchen Anteil die Herpesviren an der Entwicklung der Tiere haben, muss offenbleiben. Die zunehmende Spezialisierung bestimmter Herpesviren auf bestimmte Wirte legt aber eine Coevolution zwischen Virus und Wirt nahe.

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